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New York City Marathon - 3rd Run [2018]
Wie kommt's?
Nun ja, man wird älter und man weiß inzwischen nicht mehr genau, ob man ein Jahr später noch einen Marathon laufen kann. Und nachdem der New York City Marathon mit der schönste Lauf auf diesem Planeten ist und wir beide zudem einen runden Geburtstag feiern, haben wir uns gedacht, es ein drittes Mal zu versuchen. "Kind und Kegel" sind beim 3rd Run auch dabei, sehr schön!
Der Weg nach New York - Trainingstagebuch und mehr
Das eigentliche Training beginnt im August und ich habe nach dem Paris Marathon im April bereits einen Fehler gemacht, der sich leider auch auf das New York Rennen im November auswirken wird. Nach drei Wochen Pause bin ich den "Wings for Life Run" gelaufen. Ab Kilometer 2 plagte mich die Achillessehne. Anstatt aufzuhören, habe ich mich 17 km durchgequält. Jetzt kann ich keine 10 Kilometer mehr laufen, die Entzündung ist hartnäckig. Depp! Aber ruhig bleiben!
Fast 4 Monate habe ich mit der Achillessehne gekämpft und inzwischen ist es soweit, dass 30 Kilometer am Stück in Ordnung sind. Es zwickt nur noch ab und zu, insbesondere bei den schnellen Läufen. Leider ist der Rest der Familie ebenfalls lädiert, aber Verletzungen gehören zum Sport. Es ist Trainingshalbzeit und es gibt noch viel zu tun. Die Vorfreude steigt!
Es ist nun Ende September und nach einem lockeren 12 km - Lauf knallt's im linken Oberschenkel. Ich dachte zuerst an einen Krampf, aber der vergeht wieder. Nix war's, ich bin humpelnd nach Hause. Drei Tage später die nächste Trainingseinheit und nach 2,5 km war Schluss. Mist, - Montag zum Sportmediziner. Diagnose: Entzündeter Ischiasnerv. Auslöser: verengte Spinalkanäle Kreuzbein. Und ich denke es waren Fehlhaltungen- und -belastungen nach der Achillessehnenverletzung. Also wieder verletzt, - Schei...
Zweieinhalb Wochen später läuft es wieder. Zwar schläft der linke Fuß fast vollständig ein, aber es geht vorwärts. Arzt meint, Bewegung tut gut :-)
Eine Woche vor dem Start bleibt zu konstatieren, dass ich aufgrund der Verletzungen 246 Trainingskilometer weniger auf dem Buckel habe, als vor dem Paris Marathon im Frühjahr (383 statt 629 km). Es zwickt und der Fuß schläft immer noch, aber nur auf ca. 15 cm. Es ist nicht zu ändern und jetzt schauen wir mal, was NYC bringt.
So viel ist sicher: A cannon blast begins the journey!
Die Tage in New York
Donnerstag, 01.11.2018
Heute ist Allerheiligen in Deutschland, Feiertag auch in Bayern. Das hat den großen Vorteil, dass sich der Verkehr zum Münchner Flughafen in Grenzen hält. Wir fahren mit dem eigenen Auto, denn die Parkgebühren bei "Krätschmer" sind in Ordnung und für die paar Tage allemal günstiger als das Taxi. Für die andern Vier steht ein "DriveNow" - Fahrzeug bereit. Eines musste reichen, denn Sebastian und Yvonne haben in Schwabing keines bekommen.
Als wir durch die bayrischen Landschaften düsen, wabert der Nebel über die Felder und Wiesen. Die Sonne ist jedoch bereits um 8 Uhr voll in Scheinlaune, so dass das weiße Bodenband viele Risse hat und sich bald ins Nirwana verabschieden wird. Wir sind zu früh - wir sind immer zu früh -, aber sitzen trotzdem umgehend im Shuttle, der in 10 Minuten (Edmund Stoiber hatte doch recht!) vor dem Terminal 2 "andockt". Der Fahrer niest, was in mir sofort eine Art von Panikattacke auslöst :-). Ich weiß, das kann kaum jemand verstehen. Wer sich jedoch die Mühe der Vorbereitung für einen Marathon antut, der fürchtet sich fast davor, dass ein Infekt den Aufwand noch in der letzten Minute zunichte macht. Und wenn dieser Lauf auch noch im fernen, fernen Amerika stattfindet, dann hängt noch viel mehr als die Seele dran.
Es ist natürlich bereits eingecheckt, so dass nur noch die Koffer dem Automaten übergeben werden müssen. In den Rucksäcken und damit sozusagen "am Mann" befinden sich die wichtigsten Dinge, nämlich Laufschuhe und Laufkleidung. Die Familie ist vollzählig und guter Dinge. Wir freuen uns auf New York und den Marathon. Die restlichen Formalitäten sind schnell erledigt und so gibt es im Satelliten des Terminal 2 endlich einen Kaffee und ein paar Brez'n im "Sissi und Franz".
Vor dem Gate versammeln sich, neben den Normalos, auch die Läufer aus Österreich, Italien und Bayern. Einige haben wohl schon die Laufschuhe an, vielleicht haben sie aber auch keine anderen dabei - wer weiß. Gut drauf sind sie alle! Und jetzt heißt es: Don't run, fly!
All doors in flight, pünktlich um 12.10 Uhr verlässt der A340 den Hangar. Ich kann jetzt nicht sagen, dass die 8,5 Stunden in der Holzklasse der Lufthansa schnell vorbei und die größte Freude gewesen wären, aber wider Erwarten war es nicht so schlimm als gedacht. Geschlafen habe ich auch ein paar Minuten, was in der Economy umgehend zur Genickstarre führte. Pünktlich um 15.40 Uhr Eastern Time landen wir auf dem John F. Kennedy Airport. Zwei Taxis bringen uns in der Rushhour in einer Stunde zum Lexington Hotel.
Obwohl es schon 18 Uhr ist, ist ein Zimmer noch nicht fertig. Aber nachdem die Hotelbar am Ankunftstag sowieso immer Pflicht ist, können wir uns gleich an die New York City Preise gewöhnen. For your information only: 0,33 Heineken = 10 USD. Anschließend macht sich jeder auf den Weg, um die ersten Stunden im sehr lebendigen New York bei Nacht zu genießen. Doch irgendwann, eigentlich ziemlich bald, meldet sich der Schlaf. Have a good night!
Donnerstag, 02.11.2018
So zwischen 4 und 5 Uhr sind alle wach. Gut, dass es gegenüber einen Deli gibt, der rund um die Uhr offen hat. So gibt's wenigstens gleich einen Kaffee, der für us-amerikanische Verhältnisse nicht schlecht ist.
Um 8.30 Uhr ist Treffpunkt. Eine der wichtigsten Aufgaben muss gleich erledigt werden: Startnummern abholen! Wir schlendern durch die Schluchten, wagen die Blicke in fast unermessliche Höhen und landen am Times Square. Die Italiener sind natürlich schon da und schießen die ersten Gruppenfotos, - mit Banner und Fahne versteht sich.
Hunger stellt sich ein, es wird Zeit für ein Frühstück. Da im Theaterdistrict die Auswahl gut ist, finden wir bald einen schönen Italiener, der alles hat, was zu einem amerikanischen Frühstück gehört. Over easy, Bacon und Toast, aber es darf auch French Toast sein. Alles wunderbar, frisch gestärkt geht es weiter nach Westen zum Hudson River. Bereits am Rande des touristischen Zentrums riecht es inzwischen ab und zu streng entlang der Hauswand, jedoch war es nicht mehr weit bis zum rettenden Ufer. Frischer Wind aus New Jersey weht über den Hudson River, nur etwas abgelenkt vom Flugzeugträger "USS Intrepid", und "normalisiert" unsere Nasen.
Exkurs: On December 1, 1941—just six days before the Japanese attack on Pearl Harbor brought the United States into World War II—the keel for USS Intrepid was laid and its construction began. Intrepid served in the U.S. Navy for over three decades and played a role in World War II, the Cold War, the Space Race and the Vietnam War. After this storied career, Intrepid was decommissioned in 1974 and later opened as a museum, where the history of the ship and its crew inspires visitors from all over the world.
Wir folgen dem Hudson River Greenway nach Süden entlang der Piers bis zur 34sten Straße.
Wir sind da, die "Marathon-Dröhnung" kann beginnen. Vor dem Jacob Javits Convention Center funkeln die Polizeiautos und die schwarzen Chevrolet Suburban der Home Security in den Staatsfarben. Leider ist das inzwischen das Bild, das man auch bei großen Sportveranstaltungen zuerst wahrnimmt. Es ist kurz vor 10 Uhr, unmittelbar vor der Öffnung, und von allen Seiten strömen die Marathonläuferinnen und -läufer in das Messezentrum. Der letzte Schritt vor dem Run muss getan werden, ohne Startnummer geht nichts.
Aber zunächst stehen wir in einer zirka 300 Meter langen Schlange. Als sich die Tore öffnen geht jedoch alles sehr schnell. Schwuppdiwupp sind wir mit den begehrten Teilen ausgestattet. Es ist sehr schade, dass Yvonne nicht starten kann. Jedoch ist es schön, dass sie dabei ist! Sie wird uns mental unterstützen!
Und natürlich spielt der schnöde Mammon erneut eine Rolle. Eine riesige Marathonmesse wird dafür sorgen, dass noch eine Laufhose oder eine Jacke oder ein paar Gels den Besitzer wechseln. Ist halt so, - und wir kaufen gerne auch was, schließlich braucht man ein paar Erinnerungen an diese grandiose Veranstaltung, gell!
An der zentralen Kasse, was heißt eine Kasse, es waren vermutlich 30 oder 40, wird man gefragt, ob man zum ersten Mal einen Marathon läuft. Katrins Zeit ist gekommen: Ein Ja löst das Gebimmel von allen Kassiererinnen aus, - typisch amerikanisch. Die machen Lärm in allen Lebenslagen.
Die Zeit drängt! Der Reiseveranstalter hat wie immer einen namhaften Vertreter der Sportart engagiert, der uns Amateuren beibringen soll, wie man einen Marathon im Allgemeinen und den New York City Marathon im speziellen läuft: Thomas Wessinghage. Durchaus ein sehr kompetenter Ansprechpartner, jedoch müssen wir Prioritäten setzen. Und nachdem die Zeit knapp wurde und wir diesen Vortrag schon zweimal gehört haben, entscheiden wir uns, die neu gekauften Klamotten ins Hotel zu bringen und dann in Ruhe unseren nächsten Programmpunkt anzugehen.
Es wurde ja erwähnt, dass ein runder Geburtstag ein Mitauslöser für diese Reise war. Und zu diesem Geburtstag haben wir ein nicht nur ganz besonderes, sondern auch sehr sinnvolles Geschenk bekommen; einen Hubschrauberflug über New York. Check in ist um 15.15 Uhr, der Heliport befindet sich am Pier 6, also am südlichen Zipfel von Manhattan. Unser Hotel an der 48th Street ist 4,3 Meilen entfernt. Also los!
Die "Gnade der späten Geburt" der us-amerikanischen Städte erleichtert die Orientierung immens, denn die rechteckige Aufteilung und Lage der Blöcke erzeugt ein symmetrisches Bild. Die Avenues laufen nach Süden und so schlendern wir die 3. Allee - Avenue wird formal mit Allee übersetzt - Richtung südliches Manhattan. Eine Allee von Geschäften, Bäume sind zwar nicht Fehlanzeige, aber durchaus rar.
Exkurs: Das am 21. März 1811 vom New Yorker Chefkartografen John Randel Jr. vorgelegte rechtwinklige Straßengittersystem („grid pattern“) in Manhattan mit Avenues in Nord-Süd- und Streets in Ost-West-Richtung wurde durch den Commissioners’ Plan am 22. März 1811 genehmigt und sukzessive umgesetzt (siehe auch Randel-Plan). Die nächsten 10 Jahre verbrachte Randel damit, die Straßenverbindungen von der First Street bis zur 155th Street in Manhattan schachbrettartig weiterzuentwickeln, ohne dabei Rücksicht auf die Topografie zu nehmen. 1814 verbesserte er seine kartografischen Aufzeichnungen. Es entstanden elf Avenues mit etwa 33 Metern Breite, rechtwinklig gekreuzt von 155 Streets mit einer Breite zwischen 15 und 33 Metern. Ein Jahr vor seinem Tod nannte Randel 1864 dieses Gittermuster „den Stolz und Ruhm der Stadt“. Einzige Ausnahme des „grid pattern“ bildet der diagonal verlaufende Broadway, der bereits 1642 bei Ankunft des holländischen Entdeckers David de Vries bestand und später den holländischen Namen „Breede weg“ erhielt. Man entschied sich, den meisten der 11 Avenues und 155 Streets keine Namen zu geben, sondern sie fortlaufend zu nummerieren. Quelle: Wikipedia
Nach der Manhattan- und der Brooklyn Bridge lassen wir die Wall Street rechts liegen und gehen beim Fulton Market runter zum East River. Die Piers 16 und 17 sind mit Geschäften, Restaurants und Bars inzwischen wunderbar zweckentfremdet. Nur der nahe Pier 15 beherbergt die Hornblower Cruises für die Beförderung von uns Touristen auf dem Wasser. Gott sei Dank steht hier auch eine Wurstbude.
Der Pier 6, an dem nur noch Hubschrauber anlegen, ist nicht mehr weit. Wir treffen Yvonne und Sebastian und gehen in die kleine Abfertigungshalle. Der in den USA übliche Einführungsfilm wird durch klare Anweisungen für den Flug abgelöst. Alle Rucksäcke und sonstigen "Anhängsel" müssen in ein Schließfach. Schwimmweste an und gut.
Und dann geht's los. Der Heli ist so im Stress, dass die Rotoren vom letzten Flug in Bewegung bleiben. Ein letztes Gruppenbild und dann ab in die Kiste.
Der Pilot ist Holländer und erzählt mir seine Lebensgeschichte. Als ehemaliger Unternehmensberater hat er sich umorientiert, da ihm das Hubschrauberfliegen mehr Spaß bereitet. Ungewöhnliche Karriere, aber gut. Kreativ scheint er auch zu sein, denn der Abflug funktioniert rückwärts. Ohne Wackler gleiten wir mit dem Hinterteil nach vorne über dem East River und dann volle Kraft voraus Richtung Staten Island. Die Verrazzano-Narrows Bridge schimmert weit hinten durch die milchige Luft. Wir werden das Teil am Sonntag noch sehr, sehr nahe, sozusagen unter den Füßen liegend, erleben, denn über die Brücke sind die ersten Meter unseres Marathons.
Exkurs: Die Verrazzano-Narrows Bridge ist eine zweistöckige Hängebrücke, die die New Yorker Stadtbezirke Staten Island und Brooklyn über die Meerenge The Narrows hinweg verbindet. Die Meerenge, die von der Brücke überspannt wird, trennt die geschützte und bis nach Manhattan reichende Upper New York Bay von der seewärts hin gelegenen Lower New York Bay.
Ihre Spannweite zwischen den Pylonen von 1298 m ist 18 m größer als die der Golden Gate Bridge. Die Verrazzano-Narrows Bridge war deshalb ab ihrer Fertigstellung im Jahre 1964 die längste Hängebrücke der Welt, bis sie 1981 von der Humber-Brücke abgelöst wurde. Seit 2012 ist sie noch die zwölft-längste Hängebrücke der Welt und nach wie vor die längste in Amerika. Quelle: Wikipedia
In einem weiten Bogen nach rechts überfliegen wir Governors Island und steuern direkt auf die Statue of Liberty, die Freiheitsstatue, zu. Bei den aktuellen politischen Entwicklungen in den USA ist der offizielle Name der Statue, nämlich "Liberty Enlightening the World", fast eine Farce. Sie steht trotzdem und trotzig in ihrem grünen Kleid (Grün ist ja bekanntermaßen die Farbe die Hoffnung gibt) in der New York Upper Bay und begrüßt auch die Marathonis. Wir haben den Staat gewechselt, willkommen in New Jersey, obwohl Liberty Island zum Stadtgebiet NYC gehört.
Wir überfliegen Ellis Island. Irgendwie kommt mir in den Sinn, ob sich der gute Horst dieses Modell als Vorlage für seine Ankerzentren genommen hat? Egal, der Blick erfasst das gewaltige Manhattan. Eingerahmt vom Hudson und dem East River trotzt es dem Dunst und die mächtigen Gebäude erstrahlen. Angeführt vom One World Trade Center (WTC), das fast bescheiden wirkt, wenn man die vormaligen Twin Towers in Erinnerung hat, reiht sich ein Spargel nach dem anderen und kratzt an der Wolkendecke. Fast mystisch und ruhig liegt Manhattan zu unseren Füßen. Wer die Straßen kennt der weiß, dass das Wort Ruhe im Sprachschatz der New Yorker nicht vorkommt.
Obwohl die Sonne nicht lacht, reicht der Blick vom Financial District bis zum Central Park an dessen Südflanke neue, selbstverständlich sehr hohe Gebäude entstehen. An der Staatsgrenze zwischen dem New York State und New Jersey knattert der Helikopter erprobt und sicher gen Norden. Rechts zieht ein Wolkenkratzer nach dem anderen am fokussierten Auge vorbei. Links, die New Jersey-Seite, beachtet kaum jemand und wenn ja, dann nur einen Wimpernschlag. Aber das ist nicht angemessen, denn zum einen stehen auf dieser Seite auch sehenswerte Häuser und zum anderen ist Jersey City im Kommen. Einer der größten Baustellen der USA in 2018 soll Wohnraum schaffen, den man sich in New York City nicht mehr leisten kann. Aber es dürfte vermutlich nicht lange dauern, bis alleine der Blick auf die Mega-City den Quadratmeterpreis in unerschwingliche Höhen treiben wird. Friends from China, Arabia and Russia are very welcome! Immerhin hat New Jersey auch keine State-Tax, was in der heutigen Zeit fast einem bedingungslosen Grundeinkommen gleichkommt.
Am Central Park ist der Wendepunkt erreicht. Der Holländer zieht die Bell nach rechts bis die 180-Grad-Kehrtwende vollzogen ist. Manhattan und Jersey City liegen erneut vor uns. Im Gegensatz zum Hinflug weitet sich der Blick. Es sieht einfach toll aus. Leider denkt man aus dieser Perspektive auch an die Terroranschläge vom 11. September 2001. Das war die Einflugschneise! Traurig und zudem furchteinflößend, wenn man schon mal auf der Aussichtsplattform des alten World Trade Centers war. Vorbei, nicht mehr zu ändern, - wir nehmen Kurs auf die Südspitze Manhattans und in einer Linkskurve am Ende des New Yorker Stadtteils fliegen wir den Pier 6 Heliport wieder an. Zwischen Fulton Market und der Halle der Staten Island Ferries landen wir sanft und punktgenau. Das war Weltklasse!
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Take a break, take a Valdo!? Der Tag ist ereignisreich und ein Geburtstag ist auch noch zu feiern, - welch schöner Stress! Yvonne hat für unser Geburtstagskind nicht nur bereits morgens Seifenblasen "abgefeuert", sondern auch jetzt dafür gesorgt, dass wir direkt am East River auf den Geburtstag anstoßen können. Es gibt ja vermutlich nicht viel, was es in New York nicht gibt, aber einen Prosecco Valdo hätte ich den Amis nicht zugetraut. Seit Jahren versuchen wir in den USA einen vernünftigen Aperol Spritz an einer Bar zu bekommen, aber das scheitert meistens an einem guten Prosecco. Alles Gute zum Geburtstag, Katrin! Danke Yvonne!
Nächster Halt: Industry Kitchen mit Sitzgelegenheit im Freien. Wir genehmigen uns noch zwei Bier nach diesem anstrengenden Tag und dann ab ins Hotel, das Abendessen wartet. Auch wenn der Profisportler meint, dies sei keine gute Vorbereitung für einen Marathon, dann gebe ich ihm uneingeschränkt recht. :-)
Es regnet! Zwei Taxis bringen uns zum Chelsea Market. Katrin hat uns ins Buddakan, eine "Sex and the City" Filmkulisse, eingeladen. Geburtstagsessen, - es war fantastisch. Das Umfeld war zwar etwas sehr "Schickimicki" und entsprechend laut. Die Preise ... oh, oh! Vielen Dank, Katrin!
Der ereignisreiche und wunderschöne Tag geht mit einer Predigt zu Ende. Während die Leute vor dem Lokal versuchen ein Taxi zu bekommen, führt ein anständig gekleideter Obdachloser persönliche Gespräche, die immer mit einer kleinen Spende enden. Nettes Geschäftsmodell!
Samstag, 03.11.2018
Der Tag muss überwiegend der Ruhe geopfert werden und nachdem jedes Alter individuelle Bedürfnisse hat, haben wir uns gedacht, dass jeder seinen Tag selbst gestaltet.
Ähnliche Gewaltmärsche wie gestern dürfen oder sollten nicht sein, - der Marathon wartet! Und nachdem der gestrige Tag und der Abend dann doch etwas sehr anstrengend waren, habe ich gleich mal länger geschlafen. Der Rest der Bande war im Central Cafe Pershing Square beim Frühstück und schon weg, als wir endlich in die Puschen kamen. Die Schlange war lang und so entscheiden wir uns, eine Alternative zu suchen. Kurz vor dem Times Square wurden wir fündig. Das Brooklyn Diner war perfekt!
Wir entschließen uns die High Line zu gehen. Sie beginnt bzw. endet an der 11th Avenue @ 34th Street direkt neben dem Jacob Javits Convention Center.
Exkurs: Die High Line ist eine 2,33 km lange, nicht mehr als solche genutzte Güterzugtrasse im Westen von Manhattan, die von 2006 bis 2014 zu einer Parkanlage, dem High Line Park, umgebaut wurde. Der erste Abschnitt wurde im Juni 2009 der Öffentlichkeit übergeben. Der dritte Abschnitt des Parks wurde am 21. September 2014 eröffnet.
Anders als das restliche Hochbahnnetz von New York City wurde die High Line nicht für den Personenverkehr erbaut, sondern war als ein ehemaliger Streckenabschnitt der West Side Freight Line für den Güterverkehr errichtet worden. Der erhaltene Teil des Hochbahn-Viaduktes führt von der 'West 34th Street' (zwischen 10th Avenue und 12th Avenue) bis zur Gansevoort Street im Meatpacking District. Quelle: Wikipedia
Nett ist es hier! Die High Line führt uns neben den Gleisen zu Stationen und teilweise durch unglaubliche Architektur. Stararchitekten haben futuristische Wohnanlagen entworfen und umgesetzt. Vermutlich alles unbezahlbar, aber sehr schön. Wir schlendern gut zwei Kilometer durch die Häuserschluchten und das restliche Blütenmeer des Parks bis zum Chelsea Market.
Wir quetschen uns durch die Markthallen, die Ware, insbesondere in den Fischgeschäften, sieht fantastisch aus. Marzialische Halloween Gestalten erwecken den Eindruck einer Geisterbahn. Die Cafe's sind voll und so sind wir releativ schnell wieder auf der Straße.
Auf dem Heimweg gönnen wir uns einen Starbucks Kaffee und ein Zitronenkuchen muss auch sein. Dann noch zu Apple in der Grand Central. Aber das was wir suchen ist nicht da, - egal! Ruhe auf dem Zimmer, die jedoch nicht lange währt. Irgendwann wird uns langweilig und wir marschieren Richtung Central Park. Das Ziel ist unser Ziel! Am südlichen Ende des Parks wird neu gebaut und zwar gewaltig in die Höhe. Die alten, fast erwürdigen Wolkenkratzer werden auf das Abstellgleis gestellt. Die neuen Nadeln übernehmen die Herrschaft, zumindest über das Auge. Wir orientieren uns nach Westen Richtung Strawberry Fields und landen dort, wo wir gerne auch morgen wären: Das Marathon Ziel!
Zurück im Hotel. Jetzt noch die Startnummern ans Laufshirt pinnen, alles herrichten und der Marathon kann kommen. Die Osteria Laguna muss für das letzte Carbo Loading herhalten. Die Pizza war sehr gut, dazu eine Flasche Wasser, wir sind halt Spitzensportler! Das Ambiente des Lokals war ganz nett, etwas laut, aber das ist New York und nicht Putzbrunn. Und nun volle Konzentration auf morgen - der Wecker steht auf 4:30 Uhr, gute Nacht!
3rd New York City Run (Sonntag, 4.11.2018)
42,195 km oder 26.2 Meilen!
Race Day! Good morning America, how are you? Gott sei Dank war heute Nacht Zeitumstellung und trotzdem ist 4 Uhr etwas früh, aber das Frühstück will ja verdaut werden. Einen Zimmerservice gab es nicht, so dass wir erst mal runter in den 24 Stunden Deli sind. Kaffee, Croissant und ... die Spannung steigt! Wir treffen uns um 5:45 Uhr, der Bus geht eine viertel Stunde später. Asiaten-Stadtrundfahrt-Feeling, - wir folgen dem Reiseleiter, der einen Notizblock hochhält, brav zum Einstieg. Wie viele werden scheitern, wer setzt sich durch, wie kommt man ins Ziel. Verletzt waren wir fast alle, vieles ist auskuriert, nur Sebastian ist noch schwerer gehandicapt, er sollte nicht, wird aber laufen!
Wir düsen durch die noch ziemlich leere Stadt und erreichen bald den East River. Der Franklin D. Roosevelt East River Drive (oder: FDR Drive bzw. The Drive) bringt uns weiter nach Süden. Über Brooklyn geht die Sonne auf und die Brücke dort hinüber und die Manhattan Bridge spinnen ihre ungezählten Seile in den blauen Himmel. Es wird ein schöner Tag! Jetzt aber ab in den Tunnel und rüber nach Brooklyn. Nach rund einer Stunde erreichen wir die Verrazzano-Narrows Bridge. Rechts hinten leuchten die Stahltürme von Manhattan, Mann ist das weit weg :-). Stau! Alle müssen zum Startraum, der beim New York Marathon ein ganzes Fort ist; Fort Wadsworth hat Platz für weit über 50.000 Läufer. Die Sonne scheint und es hat 7 Grad Celsius. Perfekt!
Das NYPD, respektive dessen Angestellte, sind gut drauf. Tanzende Polizistinnen und Polizisten - Welcome to the New York Marathon! Kontrolle, jede Person und jedes Teil wird ins Visier genommen. Nicht so aufwändig wie letztes Jahr in Chicago, aber leider trotzdem in der heutigen Zeit notwendig. Wir betreten das Fort, das in drei Startzonen, sogenannte Villages aufgeteilt ist, und machen es uns in unserem grünen Dorf gemütlich. Stroh ist auf der Wiese verteilt, also die Komfortvariante sozusagen. Unsere mannsgroßen Plastiktüten, die als Überzieher bei Kälte gedacht sind, und mitgebrachte Decken dienen als Sitzgelegenheit. Seit Mitte Juli 2017, also vor einem Jahr und vier Monaten, zieht sich die Organisation, Buchung und Vorbereitung und jetzt sind wir hier. Und just in diesem Moment denke ich mir, dass es den Aufwand wert war. Eine kritische Beleuchtung des Themas kommt momentan auch nicht in Frage.
Die protzigen Hubschrauber des New York Police Departments kreisen über der Menge. Sie fliegen vermutlich die wichtigsten Personen ein. Also zum Beispiel die, die das Startkommando geben. Egal, im orangen Dorf gibt es Futter und Getränke. Ich ziehe los, gönne mir einen Kaffee und einen Bagel. Natürlich gäbe es noch Bananen, aber Dunkin' Donuts, der Hauptsponsor, hat keine süßen Teile zur Verfügung gestellt. Möglicherweise habe ich sie auch nicht gesehen. Und es gibt eine wunderschöne Mütze in Orange und Rot. Man sieht damit lustig aus, fast wie ein Depp, und wie die Amis halt sind, haben sie einige beim Start getragen oder sind gar damit gelaufen. Noch gut zwei Stunden bis zum Peng!
Pünktlich um 8:30 Uhr wird die erste Kanonenkugel abgefeuert, - die "Professional Wheelchair Division" macht sich auf den Weg, den die Rollis in gut 1,5 Stunden bewältigen werden. Nun geht es Schlag auf Schlag. Die Schlangen an den unzähligen Dixies verlängern sich für uns Normalos von Minute zu Minute. Und als wir eine Stunde vor unserem Start unsere Zielkleidung den UPS-Fahrern anvertrauen, stellen sich einige von uns auch noch mal an. Inzwischen sind die Profis auf dem Weg; um 9:20 Uhr die Frauen, die Männer folgen um 9:50 Uhr. Wir sind in der Welle 2 und so um 10 Uhr gehen wir einige hundert Meter zum Start.
Es ist 10:15 Uhr Eastern Standard Time (EST), 04.11.2018, wir haben das östliche Ende der Verrazzano-Narrows Brücke erreicht. A cannon blast begins the journey! Bummmmmmmmm! Nur noch 42 Kilometer und 195 Meter, also auf geht's!
Katrin und Florian schreiben ...
Nach 2 Jahren mentaler und etwas kürzerer körperlichen Vorbereitung ging es nun endlich los. Ob ich überhaupt antrete war lange Zeit unklar - Verletzungen mit wochenlanger Behandlung und der typischen „Wiesn“-Erkältung sei Dank! Doch als es am 4.11. dann so weit war und ich die ersten Meter losgelaufen bin, hatte ich im Gefühl, dass es klappen wird.
Die kleine Enttäuschung darüber, dass wir im unteren Teil der Verrazzano-Narrows Bridge starteten, war schnell verflogen. Nach der Brücke wurde mir bewusst, was mich die nächsten 42 km erwartet. Die Kulisse und das Publikum waren einfach der Wahnsinn!
Da Florian aufgrund seines Trainingszustands auch das Motto „dabei sein ist alles“ verfolgte, haben wir ausgemacht, den Lauf so gut es ging zusammen zu laufen und das Event gemeinsam zu genießen.
Die ersten 15 km vergingen wie im Flug. Euphorisch und mit einem Grinsen im Gesicht merkte man nicht, dass man läuft. Ab Kilometer 20 kommen allerdings die ersten Wehwehchen, vor allem, weil die Strecke gefühlt überwiegend bergauf ging. Nichts desto trotz konnte man sich durch die tobende Menge, die Banner, die Bands und die Kulisse immer wieder motivieren.
Richtig schwierig wurde es ab der Queensboro Bridge. Sie nahm kein Ende und Florian musste mit Oberschenkelkrämpfen kämpfen. Nachdem die Brücke geschafft war, kam die nicht mehr enden wollende 1st Avenue Richtung Norden. Als ich das vermeintliche Ende der Straße sah und mir dachte wir biegen nun links ab Richtung Central Park, wurde ich eines Besseren belehrt und die nächste Brücke in die Bronx lag vor uns.
Ein kurzes Tief war zu spüren, was allerdings schnell verflogen war, als wir die Bronx erreichten und uns der Song „Empire State of Mind“ von Alicia Keys in voller Lautstärke sowie die jubelnden Fans in ihrem Stadtteil willkommen hießen. Als es dann noch eine Runde Cola und Schmerzgel für die Beine gab, stand dem letzten Streckenabschnitt in Manhattan nichts mehr im Weg. Florian musste aufgrund von weiteren Krämpfen ein kurzes Stück gehen, als ich mich dann von ihm verabschiedete. Es waren noch ca. 8 km, in denen ich nochmal alles geben wollte. Meine Beine schmerzten zwar, allerdings hatte ich noch Power.
Da meine Apple Watch schon nach 25 km den Geist aufgab, konnte ich überhaupt nicht einschätzen wie schnell ich war bzw. wie spät es war. Egal, ich versuchte einfach alles aus mir herauszuholen. Ich habe aber ziemlich schnell gemerkt, dass die letzten Kilometer noch zäh werden. Die Rufe „almost done“ haben leider auch irgendwann nicht mehr geholfen.
Als ich schließlich beim Columbus Circle wieder in den Central Park einbog wusste ich, dass es gleich geschafft war. Gänsehaut und ein Kloß im Hals machten sich breit. Der Druck der letzten Monate fiel ab und ein stolzes Gefühl kam in mir hoch. Das Erreichen der Ziellinie war unbeschreiblich und ist nicht in Worte zu fassen!
Nachdem ich mich nach der Ziellinie im Schneckentempo zu unserem Truck begeben habe, waren meine Gedanken bei Florian und ob er es wohl auch noch gut geschafft hat. Als ich meine Tüte in Empfang genommen hab, stand er auf einmal vor mir und wir waren überglücklich!
Ich bin so stolz auf die ganze Familie! Vielen Dank, dass ich dieses Event gemeinsam mit Euch erleben durfte, ich werde es nie vergessen!
Sebastian schreibt ...
Eigentlich war klar, dass ich antreten werde. Komme, was wolle? Wahrscheinlich fast. Dass ich es erst bei Kilometer 37 bereuen würde, stand nicht zu erwarten. Gerade weil ich mich in den Wochen vor dem Marathon mehr mit laut kund getanem Selbstmitleid beschäftigt habe als mit dem eigentlichen Lauftraining. Ein Marathon aus dem Stand ist also möglich, bleibt aber unvernünftig und ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Weniger befriedigend als bei einer Vorbereitung ohne Wehwehchen, nach der man sich voll und ganz auf den Lauf konzentrieren kann. So war es dann der berühmte Kampf gegen sich selbst – 42 mal mit Kampf gegen Krämpfe ab 15 und Kampf ums Überleben bei den oben angesprochenen 37, Ecke 5th Avenue und 110te Straße, am nördlichen Ende des Central Parks.
Nun wurde es doch eher leidig, denn freudig. Eine Korrektur: Es war ein herrlicher Tag im familiären Kreis mit 60.000 anderen Verrückten. Bei strahlendem Sonnenschein und stahlblauem Himmel durchquerten wir alle fünf Stadtteile dieser irren Stadt, die einfach keine Sekunde zur Ruhe kommen mag. Ein toller Streckenverlauf also, aber am meisten begeistert haben mich die Menschen. Über viele Stunden haben sie die gesamte Route entlang ausgeharrt, angefeuert, Mut gegeben und ihren Stolz geteilt. Auf ihr Stadtviertel, auf ihre am Marathon teilnehmenden Freunde und – mit ein wenig amerikanischem Pathos – auf ihre Stadt und die Läufer selbst, beim größten Laufevent der Welt. Es war mir eine Ehre, ein kleiner Teil davon sein zu dürfen, gemeinsam mit der Familie. Umso schöner!
Fritz schreibt ...
Uns 4-Stunden-Läufer haben sie in die untere Etage der Brücke verbannt. Das ist nicht schön, aber immer noch besser, wie oben gemeinsam im Stau zu stehen. Und so laufe ich zügig und locker, wie ich es gelernt habe, die Steigung hinauf. Links öffnet sich der Blick durch die Brückenkonstruktion auf die Skyline von Manhattan. Ja du weißt doch, dass das weit ist, also reg' dich nicht auf! Der Wind pfeift von rechts über meinen Körper, es ist verdammt kalt hier, denn auch kein Sonnenstrahl dringt durch die Fahrbahndecke von oben.
Ich treffe Sebastian und wir plaudern die ersten 3 Kilometer. So vergeht die Zeit und als wir unsere "Kältekammer" verlassen, wird die Temperatur angenehm und ziemlich perfekt. Weniger perfekt ist so ein Vollpfosten, der meint, gleich mal ein paar Überholvorgänge starten zu müssen. Abgesehen davon, dass es zu diesem Zeitpunkt nichts bringt, läuft er mir beim Einscheren vor die Füße, - Körperkontakt und ihn hat's gleich mal fast auf die Schnauze gelegt. SSKM - Selbst Schuld, kein Mitleid! Diese kleine Aktion hat mich wachgerüttelt und zur Konzentration gezwungen. Blick nach vorne, Ohren anlegen und ab! Wir verlassen die Interstate 278 und lassen Staten Island hinter uns. Bei Kilometer 5 schwenken wir in die Wohngegenden von Brooklyn ein. Zeit 29:57, eine Pace von 6:00 für die ersten 5 Kilometer ist ok.
Die 4th Avenue scheint kein Ende zu nehmen, aber hier treffe ich gleich meinen neuen Laufpartner, den ich bis Kilometer 30 nicht mehr aus den Augen lasse. Norwegische Flagge auf dem Trikot, Aufschrift einer Laufgemeinschaft, zirka 10 Jahre jünger - beste Voraussetzungen für einen Pacemaker, du bist mein Mann! Ab sofort schaue ich meinem neuen Freund nur noch auf die Hacken. Egal was er macht, ich folge. Wie prognostiziert hat er ein gutes Tempogefühl, läuft eine gleichmäßige Pace und das Tempo passt mir auch. Ein Gospel-Chor reißt mich aus meinen Gedanken. Ich habe sie dank meines Bodenblickes nicht gesehen und die haben plötzlich begonnen zu singen. Ein schöner Schock!
Wasser gibt es nach jeder Meile. Jedoch schütten wir, der Norweger und ich, das Nass ohne stehen zu bleiben in den Mund; ein kleiner Schluck reicht. Es läuft und alles klappt bisher hervorragend, - bisher. Die zweite 5-Kilometer-Etappe passiert in einer 5:30er-Pace. Schon besser, fast zu schnell, aber es geht mir gut! Endlich eine Kurve bei Meile 8 und wir entern Downtown Brooklyn. 15 Kilometer, 1:27 unterwegs, wunderbar!
Plötzlich Zuschauer Fehlanzeige und keine Frauen mehr auf der Straße und trotzdem lockiges Haar in Sicht. Wir sind im Judenviertel in dem die Freude am Sport nicht geteilt wird. Auch gut! Ich bin sowieso nur auf den Norweger fixiert und der treibt mich permanent an. Die Brücke am Newton Creek geht zügig bergauf, die Halbmarathonmarke ist erreicht. 2 Stunden und 2 Minuten! Jetzt müsste man halt die zweite Hälfte schneller schaffen, aber möglichweise macht sich der Trainingsrückstand bemerkbar. Noch hänge ich am Norweger!
Es folgt die möglicherweise schwierigste Stelle der Strecke, die Queensboro Bridge. Sie nimmt kein Ende, die Steigung ist brutal und immerhin habe ich jetzt schon 25 Kilometer auf dem Buckel. Aber der Norweger macht keinen Mucks, er zieht durch und ich hänge nach wie vor an seinen Hacken. Ob er mich inzwischen bemerkt hat? Der wird sich seinen Teil denken! Hilft nichts, ich brauche Gesellschaft und Orientierung! Und so laufen wir dann gemeinsam die kurze und knackige Abwärtsstrecke zur 1st Avenue runter. Wir sind in Manhattan!
Die Schreie und Anfeuerungsrufe der Zuschauermassen dringen zwar an mein Ohr, lösen aber im Gehirn nichts mehr aus. Ich biege auf die 1st Avenue ein und sehe diese sehr hügelige und breite Straße vor mir. 76 Blocks weit, von der 59th bis zur 135th Straße, wabern die Köpfe von Zig-Tausend Läuferinnen und Läufern vor meinem Auge. Weiter geht's, wenn es leicht wäre, dann wäre es Fußball! Der Norweger und ich, noch unzertrennlich, Schritt für Schritt nach Norden. Langsam aber sicher merke ich die Anstrengung. Die 25K- und die 30K-Pace liegen immer noch bei 5:50 Minuten pro Kilometer. Halten, verwalten, nur nach vorne. Der Hundling wird nicht langsamer, ich leider schon und bei Kilometer 30 bin ich wieder alleine. Einen neuen Partner suche ich mir jetzt nicht mehr, Parshippe auch nicht, ich kämpfe nur mit mir und der Strecke.
"The last damned bridge" - ein Banner gibt mir etwas Zuversicht! Die Madison Avenue Bridge ist wirklich die letzte Brücke, die es zu bezwingen gilt. Noch geht es voran und ich biege in die Madison Avenue ein. In meinem Kopf tut sich nichts mehr, ab Kilometer 35 bewegt sich mein Körper wie der eines Zombies. Der Schmerz unterscheidet mich jedoch von dieser Spezies. Ich erreiche die Nordkante des Central Parks an der 110th Street. Jetzt komm', freu' dich, dass es bisher so gut funktioniert hat. Aber man kommt nicht aus. Die Qualen sind unermesslich und die Anfeuerungsrufe helfen mir nicht mehr weiter.
Ich erreiche Meile 24 auf Höhe der 86th Straße und es geht hinein in die grüne Hölle. Mein Gesicht möchte ich jetzt nicht mehr sehen, Leiden pur! Aber als Märtyrer möchte ich nicht enden und obwohl ich jetzt immer wieder ein Stück gehen muss, finde ich die Kraft wieder anzulaufen. Juhu, ich bin wieder raus aus dem Grün und laufe, na ja, ob man das noch laufen nennen kann, die 59ste Straße entlang des Parks. Meine Garmin Uhr zeigt erst 40 km an, das stimmt Gott sei Dank nicht. Ich bin wieder im Central Park und das Schild für Meile 26 presst mir unheimliche Erleichterung ins Gesicht. Nur noch 0,2 Meilen und auch wenn es erneut bergauf geht, das sind nur noch gut 300 Meter. Nicht mal mehr eine Stadionrunde und dann taumle ich ins Ziel. Geschafft, es war der Hammer! Dieses fast unbeschreibliche Gefühl kennen nur Sportler, die für ihre Ziele diszipliniert arbeiten und sie erreichen. Ich bin zwar vollkommen erledigt, aber glücklich! 4 Stunden, 10 Minuten und 53 Sekunden - eine überraschend gute Zeit und ein Weltrekord war auf der schweren Strecke von New York City nicht zu erwarten.
Stolz nehme ich meine Medaille und investiere die letzte Kraft in ein Foto. Dann wird es aber grenzwertig. Schüttelfrost, der Kreislauf läuft nicht mehr im Kreis, mir wird schwindlig und ich brauche dringend etwas zu trinken. Aber es sind noch rund 150 Meter, bis ich endlich eine Schutzfolie und ein Essenspaket habe. Ich trinke in mich hinein und esse die Salzbrez'n aus der Tüte in einem Rutsch. Das war wohl zuviel des Guten, ich kann nicht mehr schlucken, alles zu! "Amateursanitäterinnen" sind auf mich aufmerksam geworden, streicheln mich ein bisschen und hoffen, dass ich durchhalte. Eine medizinische Hilfe kann ich wohl nicht erwarten. Aber seelischer Beistand ist auch ok. Der Frost schüttelt mich noch immer, aber ein rettender Engel naht. Ein UPS Fahrer springt zu mir herüber und gibt mir seine warme Jacke. Und dann kommt Monika. Jetzt wird alles gut und nach 10 Minuten habe ich mich soweit erholt, dass wir gemeinsam unsere Kleidung vom UPS Truck abholen können!
Monika schreibt ...
Ich habe mich so sehr auf diese Reise mit der ganzen Familie gefreut, aber es war von Anfang des Trainings an wie verhext. Jede Woche eine neue Hiobsbotschaft über eine Verletzung einer der „Teilnehmer“. Viele Arztbesuche und Physiotherapien folgten und trotzdem war es bis zum Schluss nicht abzusehen, wer überhaupt starten kann. Umso schöner war es dann, dass fast alle (leider außer Yvonne) starten konnten und so fuhren wir voller Erwartung und Vorfreude mit dem Bus nach Staten Island.
Schon die Fahrt war ein Traum, weil gerade die Sonne aufging und die Stadt in ein wunderbares Licht tauchte. Auf Staten Island angekommen wurde man von allen Helfern und Polizisten euphorisch begrüßt und die erste Gänsehaut war zu spüren. Es ging schnell durch die Kontrolle und wir suchten uns ein Plätzchen in der Sonne, denn es war noch sehr frisch (7 Grad). Die Zeit verging dann doch relativ schnell mit Verpflegung holen, am Dixie anstehen und fotografieren.
Endlich um 10:15 Uhr wurde unsere Wave gestartet und wir verabschiedeten uns voneinander, jeder war total happy, als es tatsächlich losging. Leider musste unsere Startgruppe auf der unteren Ebene der Verrazzano-Narrows Bridge laufen, was nicht so schön war, außerdem war es da im Schatten sehr kalt. Aber auch von hier war der erste Blick auf Manhattan einfach unbeschreiblich (Gänsehaut) und schon war die erste Steigung geschafft. Es ging mir gut und ich musste mich etwas bremsen, denn die Euphorie trieb mich zu schnell vorwärts. Das Publikum an der Strecke und die Bands taten ihr Bestes, damit wir als Läufer uns gut fühlten.
Es gibt auf der Strecke so viel zu sehen, dass es nie langweilig wird und man nicht so oft auf die Meilen schaut, die noch vor einem liegen. Die Brücken haben es in sich, aber als wir dann auf die 1st Avenue abbiegen und man die Massen meilenweit vor einem laufen sieht, ist das ein sehr bewegendes Gefühl (schon wieder Gänsehaut).
Bei Kilometer 35 habe ich Sebastian getroffen und wir sind zirka 2 km zusammen gelaufen, was sehr schön war. Leider ließ es sein Trainingsrückstand nicht zu, dass wir zusammenblieben und so lagen noch 5 km Solo vor mir, die sich sehr in die Länge zogen! Auf der 5th Avenue wusste ich es ist nicht mehr weit bis wir in den Central Park einbiegen. Hier wurde es nochmal hügelig, aber ich hatte noch die Kraft, einige zu überholen. Auch hier standen noch Hunderte von Zuschauern und feuerten uns an.
Endlich kam das Ziel und dieses Gefühl (erneut Gänsehaut) ist einfach unbeschreiblich schön und einzigartig, das harte Training und die Entbehrungen sind vergessen!
Monika und ich verlassen den Central Park und gehen bis zur ersten Tangente, der wir zur 5th Avenue folgen. Taxis sind unterwegs, jedoch keines ist frei. Auf dem Weg zur Park Avenue sitzen zwei Damen die sich unterhalten und rauchen. Ich frage anständig nach und bedanke mich. Smoke ohne water! An der Lexington Avenue bekommen wir endlich ein gelbes Fahrzeug und wir waren sehr froh darüber.
Wieder daheim und endlich duschen, - eine Wohltat. Abends treffen wir uns, Sebastian hat im Smith & Wollensky reserviert. Das liegt in Fuß-Reichweite auch für Marathonläufer. Den Aperitif gibt es an der Bar im Empire Steak House Midtown East, ein ehemaliges Theater. Prost, auf den Erfolg! Danke Yvonne!
Als die Portionen im Smith & Wollensky kamen, staunten wir nicht schlecht. Wir haben durchaus Hunger, aber das erinnert eher an ein Familienrestaurant. Insbesondere die Beilagen waren intergalaktisch groß, hätte er auch was sagen können, der Ober. Ich will nicht falsch verstanden werden, das Essen war wirklich sehr gut, aber die Hälfte des Essens zurückzugeben ist nicht Sinn der Sache. Die astronomischen Preise des Lokals könnten fast halbiert werden. Es war trotzdem sehr schön und gut, jedoch merkt man schon, was man den Tag so getrieben hat. Danke Sebastian!
Die Jugend sitzt noch an unserer Hotelbar und wir Alten, insbesondere ich, waren so "fix & foxi", dass wir uns mit einem freundlichen "Gute Nacht" verabschiedeten. Ein schöner, aber sehr anstrengender Tag ist vorbei. Alle sind durchgekommen und soweit wieder fit, toll!
Montag, 05.11.2018
4/6 der Mannschaft tritt heute die Heimreise an. Aber nicht, bevor die Finisher T-Shirts an der Tavern on the Green gekauft werden. Eigentlich ein Unding, - verlangen hunderte von Dollar Startgebühr und dann ist nicht einmal ein Finisher Shirt dabei. Zunächst sitzen wir aber im Rue 57 und genießen ein ausgezeichnetes Frühstück.
Als wir anschließend im Central Park fast angekommen sind, beginnt es zu regnen. Vor Ort hat sich eine Schlange gebildet, deren Ausmaße auf den ersten Blick nicht klar war. Aber nachdem wir ums Eck auf der Central Park West sind, trauen wir unseren Augen nicht. Es hätte mit Sicherheit Stunden gedauert, bis wir an die Shirts gekommen wären. Forget it! Katrin und Florian werden die Woche noch aushalten und besorgen uns die begehrten Teile ohne Warteschlange. Danke! Alle sind dann noch ins Time Warner Center am Columbus Circle zum Shopping. Nike hatte ein paar nette Marathon Shirts.
Wir verabschieden Katrin und Florian und machen uns auf den Weg zum Flughafen. Koffer abgeben und zwar ohne Koffergurt, da die Gepäckmaschine offensichtlich keine Gurte mehr verträgt. Kurzes Mittagessen, etwas Langeweile und Abflug. In gut 7 Stunden waren wir dank Rückenwind in München. Mein Fazit: Einfach nur toll! Danke an alle - auch marathonreisen.de Frau Anja Lorenzen und Frau Kristina Martens - für die schöne Zeit!
PS: Das Hotel für den Köln-Marathon 2019 ist gebucht.