USA Spezialthema
USA Special
New York City Helicopter
Zum Geburtstag haben wir ein nicht nur ganz besonderes, sondern auch sehr sinnvolles Geschenk bekommen; einen Hubschrauberflug über New York. Check in ist um 15.15 Uhr, der Heliport befindet sich am Pier 6, also am südlichen Zipfel von Manhattan. Also los!
Die "Gnade der späten Geburt" der us-amerikanischen Städte erleichtert die Orientierung immens, denn die rechteckige Aufteilung und Lage der Blöcke erzeugt ein symmetrisches Bild. Die Avenues laufen nach Süden und so schlendern wir die 3. Allee - Avenue wird formal mit Allee übersetzt - Richtung südliches Manhattan. Eine Allee von Geschäften, Bäume sind zwar nicht Fehlanzeige, aber durchaus rar.
Exkurs: Das am 21. März 1811 vom New Yorker Chefkartografen John Randel Jr. vorgelegte rechtwinklige Straßengittersystem („grid pattern“) in Manhattan mit Avenues in Nord-Süd- und Streets in Ost-West-Richtung wurde durch den Commissioners’ Plan am 22. März 1811 genehmigt und sukzessive umgesetzt (siehe auch Randel-Plan). Die nächsten 10 Jahre verbrachte Randel damit, die Straßenverbindungen von der First Street bis zur 155th Street in Manhattan schachbrettartig weiterzuentwickeln, ohne dabei Rücksicht auf die Topografie zu nehmen. 1814 verbesserte er seine kartografischen Aufzeichnungen. Es entstanden elf Avenues mit etwa 33 Metern Breite, rechtwinklig gekreuzt von 155 Streets mit einer Breite zwischen 15 und 33 Metern. Ein Jahr vor seinem Tod nannte Randel 1864 dieses Gittermuster „den Stolz und Ruhm der Stadt“. Einzige Ausnahme des „grid pattern“ bildet der diagonal verlaufende Broadway, der bereits 1642 bei Ankunft des holländischen Entdeckers David de Vries bestand und später den holländischen Namen „Breede weg“ erhielt. Man entschied sich, den meisten der 11 Avenues und 155 Streets keine Namen zu geben, sondern sie fortlaufend zu nummerieren. Quelle: Wikipedia
Nach der Manhattan- und der Brooklyn Bridge lassen wir die Wall Street rechts liegen und gehen beim Fulton Market runter zum East River. Die Piers 16 und 17 sind mit Geschäften, Restaurants und Bars inzwischen wunderbar zweckentfremdet. Nur der nahe Pier 15 beherbergt die Hornblower Cruises für die Beförderung von uns Touristen auf dem Wasser. Der Pier 6, an dem nur noch Hubschrauber anlegen, ist nicht mehr weit. Der in den USA übliche Einführungsfilm wird in der kleinen Abfertigungshalle durch klare Anweisungen für den Flug abgelöst. Alle Rucksäcke und sonstigen "Anhängsel" müssen in ein Schließfach. Schwimmweste an und gut.
Und dann geht's los. Der Heli ist so im Stress, dass die Rotoren vom letzten Flug in Bewegung bleiben. Ein letztes Gruppenbild und dann ab in die Kiste. Nur nebenbei, - schießen Sie selbst Fotos, das spart viel Geld und ist möglicherweise auch qualitativ besser.
Der Pilot ist Holländer und erzählt mir seine Lebensgeschichte. Als ehemaliger Unternehmensberater hat er sich umorientiert, da ihm das Hubschrauberfliegen mehr Spaß bereitet. Ungewöhnliche Karriere, aber gut. Kreativ scheint er auch zu sein, denn der Abflug funktioniert rückwärts. Ohne Wackler gleiten wir mit dem Hinterteil nach vorne über dem East River und dann volle Kraft voraus in Richtung Staten Island. Die Verrazzano-Narrows Bridge schimmert weit hinten durch die milchige Luft.
Exkurs: Die Verrazzano-Narrows Bridge ist eine zweistöckige Hängebrücke, die die New Yorker Stadtbezirke Staten Island und Brooklyn über die Meerenge The Narrows hinweg verbindet. Die Meerenge, die von der Brücke überspannt wird, trennt die geschützte und bis nach Manhattan reichende Upper New York Bay von der seewärts hin gelegenen Lower New York Bay.
Ihre Spannweite zwischen den Pylonen von 1298 m ist 18 m größer als die der Golden Gate Bridge. Die Verrazzano-Narrows Bridge war deshalb ab ihrer Fertigstellung im Jahre 1964 die längste Hängebrücke der Welt, bis sie 1981 von der Humber-Brücke abgelöst wurde. Seit 2012 ist sie noch die zwölft-längste Hängebrücke der Welt und nach wie vor die längste in Amerika. Quelle: Wikipedia
In einem weiten Bogen nach rechts überfliegen wir Governors Island und steuern direkt auf die Statue of Liberty, die Freiheitsstatue, zu. Bei den aktuellen politischen Entwicklungen in den USA ist der offizielle Name der Statue, nämlich "Liberty Enlightening the World", fast eine Farce. Sie steht trotzdem und trotzig in ihrem grünen Kleid (Grün ist ja bekanntermaßen die Farbe die Hoffnung gibt) in der New York Upper Bay. Wir haben den Staat gewechselt, willkommen in New Jersey, obwohl Liberty Island zum Stadtgebiet NYC gehört.
Wir überfliegen Ellis Island und dann erfaßt der Blick das gewaltige Manhattan. Eingerahmt vom Hudson und dem East River trotzt es dem Dunst und die mächtigen Gebäude erstrahlen. Angeführt vom One World Trade Center (WTC), das fast bescheiden wirkt, wenn man die vormaligen Twin Towers in Erinnerung hat, reiht sich ein Spargel nach dem anderen und kratzt an der Wolkendecke. Fast mystisch und ruhig liegt Manhattan zu unseren Füßen. Wer die Straßen kennt der weiß, dass das Wort Ruhe im Sprachschatz der New Yorker nicht vorkommt.
Obwohl die Sonne nicht lacht, reicht der Blick vom Financial District bis zum Central Park an dessen Südflanke neue, selbstverständlich sehr hohe Gebäude entstehen. An der Staatsgrenze zwischen dem New York State und New Jersey knattert der Helikopter erprobt und sicher gen Norden. Rechts zieht ein Wolkenkratzer nach dem anderen am fokussierten Auge vorbei. Links, die New Jersey-Seite, beachtet kaum jemand und wenn ja, dann nur einen Wimpernschlag. Aber das ist nicht angemessen, denn zum einen stehen auf dieser Seite auch sehenswerte Häuser und zum anderen ist Jersey City im Kommen. Einer der größten Baustellen der USA in 2018 soll Wohnraum schaffen, den man sich in New York City nicht mehr leisten kann. Aber es dürfte vermutlich nicht lange dauern, bis alleine der Blick auf die Mega-City den Quadratmeterpreis in unerschwingliche Höhen treiben wird. Friends from China, Arabia and Russia are very welcome! Immerhin hat New Jersey auch keine State-Tax, was in der heutigen Zeit fast einem bedingungslosen Grundeinkommen gleichkommt.
Am Central Park ist der Wendepunkt erreicht. Der Holländer zieht die Bell nach rechts bis die 180-Grad-Kehrtwende vollzogen ist. Manhattan und Jersey City liegen erneut vor uns. Im Gegensatz zum Hinflug weitet sich der Blick. Es sieht einfach toll aus. Leider denkt man aus dieser Perspektive auch an die Terroranschläge vom 11. September 2001. Das war die Einflugschneise! Traurig und zudem furchteinflößend, nicht nur, wenn man schon mal auf der Aussichtsplattform des alten World Trade Centers war. Vorbei, nicht mehr zu ändern, - wir nehmen Kurs auf die Südspitze Manhattans und in einer Linkskurve am Ende des New Yorker Stadtteils fliegen wir den Pier 6 Heliport wieder an. Zwischen Fulton Market und der Halle der Staten Island Ferries landen wir sanft und punktgenau. Das war Weltklasse!
Ein Hubschrauberflug über New York gehört sicherlich nicht zu den kostengünstigen Urlaubsaktivitäten, aber wer lange genug oder bereits mehrmals in der Stadt war, sollte nicht nur die üblichen Fußrouten durch die Schluchten nehmen, sondern auch einmal die Faszination des Molochs von oben genießen. Und obwohl die Rotoren donnern, ist es viel ruhiger und weniger hektisch, als in den emsigen Straßen der Metropole. Aussicht und Kulisse sind nicht zu überbieten, - einfach toll!